The Handmaid’s Tale – Buch und Serie

Aus meiner Sicht ist es sehr selten, dass ein Buch in einem Film oder einer Serie gleichwertig umgesetzt wird. Bei „The Handmaid’s Tale“ von Margaret Atwood aus dem Jahr 1985 ist das aus meiner Sicht perfekt gelungen – jedoch nur in der 1. Staffel der Serie (2017 – ?). Die 2. Staffel dreht sich aus meiner Sicht im Kreis, angereichert mit ein paar Schockern und hat mit dem Buch nur noch die Basisgeschichten gemeinsam, da ja neue Handlungsstränge erfunden werden mussten. Leider wohl auch hier wie so oft: Zitrone auspressen, so lange sie Kohle abwirft.

Die Handlung in Staffel 1 entspricht praktisch 1:1 der Buchvorlage. Ich habe zuerst die 1. Staffel der Serie gesehen und danach das Buch gelesen. Perfekter kann man das Buch nicht umsetzen.

Es gibt viele Filme mit düsteren Zukunftsvisionen. Das Beunruhigende an „The Handmaid’s Tale“ ist – und das wird im Vorwort des Buches von Margaret Atwood schön beschrieben – dass sie ausschliesslich Begebenheiten für ihren Roman verwendet hat, welche sich in der Geschichte der Menschheit auch finden. Sie hat diese einfach neu adaptiert und arrangiert. Auf Fiktion hat sie bewusst verzichtet.

Wie es soweit kommen konnte, dass aus Amerika der Gottesstaat „Gilead“ wurde, wird im Buch wie in der Serie in Rückblenden lediglich angedeutet. Fakt ist, dass ein grosser Teil der Amerikaner u.a. durch atomare Katastrophen und Umweltzerstörungen unfruchtbar geworden sind. Religiöse Fanatiker haben sich das zu Nutze gemacht, die Gesellschaft unterwandert und irgendwann war es zu spät und der Gottesstaat eine Tatsache.

Hier sind klar Parallelen zur Machtergreifung der Nazis ersichtlich. Irgendwann wird eine Linie überschritten, an der es kein Zurück mehr gibt, die Gesellschaft endlich – aber zu spät – erkennt, was mit ihr eigentlich passiert ist. Nur wann ist dieser Zeitpunkt, an dem es kippt?

Gleiches könnte heute in der Türkei passieren, in Russland und mit Ansätzen in den USA und Westeuropa. Die breite Masse nimmt den Aufstieg der Populisten (Linke wie Rechte) gar nicht als echte Bedrohung wahr und empfindet die Rückkehr zu „alten Werte“ und das Erstarken der Liebe zu Heimat und Tradition in so genannt „unsicheren“ Zeiten sogar beruhigend und erstrebenswert. Die negativen Begleiterscheinungen (z.B. Repression, Einschränkung der Meinungsfreiheit, Datenschutz, Persönlichkeitsrechte, Netzsperren im Internet etc.) werden in Zeiten des Terrorismus akzeptiert bzw. man glaubt zu meinen, man müsse das halt akzeptieren.

Mich persönlich beunruhigt, dass heute immer noch viele junge Frauen die in den letzten Jahrzenten von starken und mutigen Frauen erkämpften Freiheiten gar nicht wirklich nutzen wollen, sie befinden sich irgendwie immer noch im Prinzessinnen-Modus, der dazu führt, dass man vielleicht nach der Lehre eine Weiterbildung macht, danach aber nichts mehr, weil man mit spätestens 30 Mami wird und dann sicher nur noch Teilzeit arbeitet. Man nimmt immer noch den Namen vom Mann an mit der kruden Vorstellungen, man sei mit unterschiedlichen Namen keine echte Familie (bzw. wird von anderen nicht als solche wahrgenommen). Nur, weshalb wählt man dann nicht den Namen der Frau, wenn bei einer Scheidungswahrscheinlichkeit von 50 % das Kind sowieso meistens bei der Frau bleibt?

Auch die Gleichstellung von Homosexuellen haben wir im Jahr 2018 in der Schweiz noch immer nicht erreicht und das nur aus niederen religiösen Gründen – mir wären keine anderen bekannt. Auch ist Homosexualität in vielen Ländern dieser Welt verboten – bis hin zur Todesstrafe.

Weshalb ich das alles erwähne? Weil hier die Anknüpfungspunkte zu „The Handmaid’s Tale“ sind: eine patriarchalische, konservativ-religiöse Weltordnung, in der Frauen praktisch keine Rechte und kein Eigentum mehr haben und Homosexuelle („gender traitors“) verfolgt und öffentlich hingerichtet werden. Frauen, die nicht Ehefrauen der Mächtigen im Staat sind, sind mit „Glück“ Hausangestellte („Marthas“) und mit „Pech“ rechtlose Gebärmaschinen („Handmaids“), welche den unfruchtbaren Ehefrauen Kinder gebären müssen. Es sind religiös-fanatische Frauen („Aunts“), welche die Zentren leiten, in denen die Mägde ausgebildet und bestraft werden. Und das alles im Namen Gottes und in Anlehnung an die Bibel.

Die Handmaids müssen ihre bisherigen Namen aufgeben und erhalten einen Neuen, welcher sich aus dem Vornamen ihres „Besitzers“ zusammensetzt. Heisst dieser beispielsweise Fred, heisst die Magd „Offred“ – Of Fred.

Und wer sich auflehnt, unfruchtbar oder lesbisch ist oder sich sonst aus Sicht Gileads strafbar macht („Unwoman“), endet in den Kolonien. Und dort überlebt niemand lange.

Solche Kolonien gib und gab es in der realen Geschichte der Menschheit auch zur Genüge (Konzentrationslager, Gulag etc.).

Und wie auch die reale Katholische Kirche bigotter nicht sein könnte, ist es natürlich auch der Staat Gilead.

„The Handmaid’s Tale“ – sei es nun das Buch oder die 1. Staffel der Serie – sollte aus meiner Sicht Schulstoff sein, denn es wäre in der aktuellen Weltlage dringend nötig, dass sich auch die breite Masse bewusst wird, wie schnell ein Staat zuerst in eine Autokratie und danach in eine Diktatur zerfallen kann und wenn noch religiöser Fanatismus dazukommt, dann ist man nicht mehr weit vom Gottesstaat entfernt. Dass dies nicht Science-Fiction ist sondern Realität, lehrt uns auch die jüngere und aktuelle Geschichte der Menschheit.

Wie sagte schon Jesus in Matthäus 13:13: „….weil sie mit sehenden Augen nicht sehen und mit hörenden Ohren nicht hören und nicht verstehen“. Eine gewisse Ironie ist nicht von der Hand zu weisen, denn wir haben heute das Wissen, welche die Bibel-Text Schreiber vor über 2‘000 Jahren nicht hatten… und doch wollen auch heute noch zu viele immer noch glauben, anstatt sehen.

„Under His eye – praise be“.

USA-Trip Oktober 2016

Als ich in der ersten Oktoberhälfte 2016 den Südwesten der USA bereiste, war der Wahlkampf zwischen Donald Trump und Hillary Clinton noch voll im Gange und in Las Vegas habe ich die 2. Debatte auf CNN live mitverfolgt und während dem Autofahren etliche Stunden Polittalks angehört. Dass Donald Trump nun als Präsident gewählt wurde, ist sicher eine grosse Überraschung, aber irgendwie halt doch die logische Konsequenz in einem Land, dass in den letzten Jahren zu viele Verlierer produziert und diese sich selbst überlassen hat. Aber das ist ein anderes Thema…

Die Reise begann in San Francisco (Kalifornien), einer Stadt, die im Gegensatz zu Las Vegas, welches die letzte Station meiner Reise war, aus meiner Sicht nicht typisch amerikanisch ist, anders auch als New York. In SF hatte ich oft das Gefühl, ich könnte auch in einer grösseren europäischen Stadt sein, ja sogar in Zürich. Wunderschön ist der dem Meer entlanggezogene Pier, imposant die Golden Gate Bridge, welche es sich lohnt zu Fuss zu überqueren, da man einen wunderschönen Blick auf SF und Alcatraz hat. Und mit den Cable Cars muss man natürlich auch einmal gefahren sein (kurz im kleinen Museum vorbeizuschauen, lohnt sich auch). SF ist zudem deutlich hügeliger, als ich es mir vorstellte. Das Schöne an SF ist, dass man einen Grossteil der Stadt zu Fuss erkunden kann. Ich bin auch von der Golden Gate Bridge zurück nach SF gelaufen, auch das ist gut machbar und sehr schön, dem Meer entlang. Etwas störend sind die extrem vielen Obdachlosen, aber das scheint einfach zu SF dazuzugehören.

Danach fuhr ich zwei lange Tag hunderte von Kilometern mit Zwischenhalt in Barstow Richtung Grand Canyon. Am Abend war es dort sehr kühl, ja schon kalt. Am anderen Tag aber wieder angenehm über 20 Grad. Der Grand Canyon ist imposant, es war mir nicht bewusst, wie gross das Gebiet und wie breit der Canyon ist und vor allem auch, dass er über 2000 m.ü.M. liegt. Wenn man dem Rim entlang läuft, hat man einen tollen Ausblick auf den Canyon und abseits der grossen Parkplätze mit entsprechend vielen Touristen, war nicht viel los. Der Grand Canyon ist etwas vom imposantesten, das ich je gesehen habe. Speziell im Grand Canyon ist, dass man hier zwar alle Arten von Süssgetränk, aber kein Wasser in kleinen Petflaschen kaufen kann. Es gibt dafür etliche Wasserauffüllstationen auf der Wanderroute dem Rim entlang.

Weiter ging es tags darauf wieder ein paar hundert Kilometer nach Arizona ins Monument Valley. Hier ist der Temperaturunterschied von Tag und Nacht noch extremer. Hier erlebte ich auch einen der schönsten Sonnenaufgänge. Zu empfehlen ist der Wild-Cat Trail, eine kleine Wanderung, welche um einen der grossen Steinhügel führt. Als Kontrast zum Grand Canyon, wo die Farben grau und grün vorherrschten, sind hier der Sand und die Felsen rötlich.

Als letzter der Nationalparks besuchte ich im Bundesstaat Utah den Bryce Canyon. Hier lohnt sich eine Wanderung in die Schlucht hinunter, den eindrücklichen Hoodoos entlang. Die Wege sind gut und nicht wirklich anstrengend.

Ich kann alle drei Nationalparks sehr empfehlen. Man kann entweder bei jedem Nationalpark Eintritt bezahlen oder gleich eine Jahreskarte erwerben. Wenn man 3 Pärke besucht, dann lohnt sich bei 2 Personen mit Auto eine Jahreskarte.

Ebenso eindrücklich wie die Nationalparks, ist die endlose Weite der Bundesstaaten Kalifornien, Arizona, Utah und Nevada. Da kann man stundenlang praktisch geradeaus fahren und kommt an keinem grösseren Ort vorbei, sieht grosse Farmen und ab und zu diese trostlosen Trailerparks. In Kalifornien sieht man etliche grosse Windparks.

Zum Abschluss gabs dann den grossen Kontrast mit Las Vegas und seinem 24-Stunden-Betrieb (ausser bei den Restaurants, aber auch dort findet man in den Casinos meist ein Restaurant, dass noch offen hat). Ich hatte ein Zimmer im Bellagio mit Blick auf das berühmte Wasserspiel, das am Nachmittag/Abend regelmässig zu bestaunen ist….der Fernseher liefert die passende Musik auf einem eigenen Kanal dazu.

Obwohl Las Vegas nicht allzu gross ist, kommt man vor lauter Casinos, Hotels mit ihren unzähligen Geschäften, fast nicht vorwärts. Man kann sich stundenlang praktisch nur innerhalb der Gebäude bewegen, wenn man will, man muss nur für eine kurze Passage nach draussen. Einfach der Strasse entlang zu laufen ist fast mühsamer und wohl aus konsumtechnischen Gründen auch nicht erwünscht. In Las Vegas war es tagsüber, aber auch in der Nacht angenehm warm.

Las Vegas ist faszinierend für zwei, drei Tage. Danach hat man es aus meiner Sicht gesehen. Eindrücklich ist, wenn man mit dem Auto durch die Steppenwüste fährt und dann am Horizont die ersten Wolkenkratzer auftauchen, quasi aus dem Nichts heraus.

Ich war rund 12 Tage unterwegs. Es war ein gedrängtes, aber eindrückliches Programm für diese kurze Zeit. Da ich mit einem Kollegen unterwegs war, konnten wir uns beim Autofahren abwechseln, so dass man weniger Pausen einlegen und mehr Kilometer fahren konnte. Rückblickend würde ich in SF anstatt 4 nur 3 Nächte verbringen und dafür im Grand Canyon zwei Nächte und dort noch eine Wanderung den Canyon hinunter machen.

Roger, November 2016